Ohrwürmer gefrieren nicht im Schnee

Die Sonne scheint und lässt die frisch gefallenen Schneekristalle glitzern. Der Himmel erscheint im tiefen Blau und schärft die Konturen der verschneiten Berge, welche aus dem Tal hinaufschiessen. Heute ruft die frisch präparierte Piste.

Angekommen an der Talstation der Gondelbahn, dringt schon die erste Beschallung in meine Ohren. Zu „Living in a Box“ besteige ich die Gondel. Auf der Bergfahrt begleitet mich ein sympathisch erscheinendes, junges Paar. Gerade als ich mich fragte, ob sein Nasenring bei diesen Temperaturen nicht gefriert, wird die Ruhe durch ein Handyklingeln unterbrochen. Der nette Herr schreit so laut in sein Telefon, dass ich versucht bin, nachzuschauen ob sein Gesprächspartner unter der Gondel hängt. Dem nicht genug, ruft aus dem Walki Talki seiner Begleiterin eine Männerstimme: „Pronto?“. Die Anweisungen für das angestrebte Mittagessen werden per Funk weitergegeben. Nach einer kurzweiligen Gondelfahrt, steige ich zu Kylie Minogues „I should be so lucky“, aus der Gondel. Dabei stolpere ich fast über die nette junge Dame mit bayrischem Fasnachtskostüm. Sie winkt mit einem Rabattflyer für einen Gratis-Shot am Aprés-Ski. Ich flüchte auf die ruhige Piste ohne Lautsprecher.

An der nächsten Talstation schiessen mir die Italienischen Nachrichten aus dem Lautsprecher entgegen. Mit voller Konzentration höre ich zu. Das Anstehen vergeht im Nu und ich kann wieder die Ruhe auf dem Sessel geniessen. Die polnischen Anweisungen, wie der Herr Gemahl nun das Panorama fotografieren soll, ignoriere ich.

Oben angekommen beschallt mich schon der nächste Musikstil; es rappt ein nervöser Herr aus dem Lautsprecher. Der Snowpark scheint Millimeterarbeit des Herstellers zu sein. Die symmetrische Erscheinung der himmelhohen weissen Schanzen, beeindruckt mich. Neben dem Lautsprecher mit dem etwas nervösen Rapp, sitzen die Snowboarder. Unter ihrem Helm tragen sie dicke Wollmützen. Der Helm wurde von hinten auf den Kopf gestülpt und das Gummiband der Skibrille hält dieses ganze Konstrukt zusammen.

Zeit für die Mittagspause. Auf der Terrasse des Bergrestaurants steht der DJ und beschallt die speisenden Touristen mit „One Night in Bangkok“. Bangkok ist sicher auch schön – schön lärmig. Zum fein säuberlich präsentierten Plättli mit Tomaten und Silberzwiebeln, Trockenfleisch und Salami, jaulen mir die Gipsy Kings ihr „Bamboleo“ ins Genick.

Nach ein paar nachmittäglichen Schwüngen, wird es Zeit für die Talabfahrt. In der Mitte des letzten Hanges, wird mir eine Sicht auf die unzähligen Après-Ski Angebote präsentiert. Im Tal angekommen, werden meine Ohren von allen Seiten mit der Happy-Life Musik eingedeckt. Fluchtartig suche ich die Busstation auf und freue mich auf das ruhige Sonnenbänkli vor dem Haus. Was bin ich froh, drängt mir der Bus-Chauffeur nicht noch seinen Musikgeschmack auf. Zu Hause angekommen, empfangen mich die Nachbarn mit ihrem Minilautsprecher und Abba’s „Dancing Queen“. Ich geniesse die Abendsonne mit Agnetha, Anni-Frid, Benny und Björn. Die Sonne geht unter und Ruhe kehrt ein. Die stille Bergwelt im Dunkeln hat ja auch etwas Reizvolles.

1 Kommentar

  1. Veröffentlicht von Annalies Steiger am 13. März 2019 um 17:37

    Da lob ich mir doch die herrliche Ruhe auf der Loipe…. Habe mich herrlich amüsiert über Deine Worte 😂😂😂